Summer of Sail

Wenn der Arzt zum Patienten wird II

Ich gebe hier mal ein gut gehütetes Geheimnis der Ärzteschaft Preis. Ärzte sind die schlimmsten Patienten. Nagut Lehrer sind in der Regel tatsächlich noch unangenehmer. Lehrer haben nämlich irgendwie sehr sehr viel Zeit für google, stellen Millionen Fragen, fordern super viel Aufmerksamkeit und haben die höchsten Ansprüche. Versteht uns nicht falsch, wir nehmen uns gerne Zeit auch für die 1 Millionste Frage, aber irgendwann wird es anstrengend und zeitintensiv.

Ärzte dagegen gehören zum unangenehmen Patientenklientel, weil sie einfach zu viel wissen. Sie erkennen jeden Fehler, sie wissen selber, wann etwas schiefgelaufen ist. Die Angst vor Beschwerden und Klagen schwingt immer mit. Wenn ihr also mal zum Arzt müsst oder ins Krankenhaus, berichtet doch direkt mal davon, dass euch euer Arzt in der Familie oder die beste Freundin, die Ärztin ist, in die Praxis oder ins Krankenhaus geschickt hat. Bei jedem Arzt läuten die Alarmglocken, er wird vorsichtig werden.

Nach meiner Weisheitszahn-OP ging es mir eigentlich erstmal recht gut. Die Schwellung war unangenehm, ich konnte meinen Speichel nicht schlucken und hab alles Blut und Wundflüssigkeit ins Zewa laufen lassen müssen. Meine erste Horrorsituation folgte nach etwa 4h. Alles war noch zu sehr betäubt als dass ich kontrolliert schlucken könnte. Die Befürchtung, dass eine Tablette in der Lunge landet statt in der Speiseröhre und im Magen, war sehr groß. Die Betäubung ließ aber nach. Die Schmerzen kamen und waren wunderbar bohrend und stechend. Hölle auf Erden. Erst 30 Minuten nachdem die Schmerzen eingesetzt haben, konnte ich wieder schlucken. Und das erste war meine Schmerztablette. Nach weiteren 20 Minuten setzte die erlösende Wirkung ein.

Dafür fühlte ich mich dann aber wieder okay und hatte Hunger. Eine überkochte Pasta mit Tomatensoße vom Vortag wurde kleingeschnitten, sodass ich sie ohne Kauen einfach schlucken konnte. Es war lecker. Aber trotz Ibuprofen kamen wieder leichte Schmerzen auf. Vor allem das Schlucken wurde mehr und mehr zur Qual. In weiser Voraussicht fuhr ich aber doch mal lieber noch in die Apotheke, um mir mit meinem Arztausweis das hochpotente Schmerzmedikament zu holen.

Als wir zurück waren mampfte ich noch einen leckeren Babybrei bevor es dann so richtig los ging. Plötzlich wurde mir ganz fröstelig kalt. Ich saß da mit zwei Decken in einem maximal beheizten Raum während Chris sich am liebsten komplett ausgezogen hätte vor Hitze. Mir war kalt, aber mein Körper fing an zu glühen. Ich dachte mir, dass das sicherlich eine Reaktion auf die Belastung der OP sei. Ich verabschiedete mich also frühzeitig ins Bett. Die Zähne putzte ich vorsichtig noch, schmeiße mir eine Tilidin ein wegen starker und kuschelte dann mit meinem Eispack.

Gegen 3 Uhr nachts wache ich schweißgebadet auf mit maximalen Schmerzen. Mein Eispack ist zu warmen Wasser geworden. Schlucken ist so schmerzhaft, dass ich es lieber nicht mehr tue. Ich irre erschöpft durchs Haus, um ein neues Eispack zu holen und fange an zu zittern. Ich habe Schüttelfrost. Prima. Ich suche noch mein Thermometer und messe mal nach: 38,8°C. Fieber. Doppelt prima. Ich tue es erstmal als Reaktion auf die OP ab und nehme einfach eine Paracetamol zum Fiebersenken und ein weiteres Schmerzmittel und versuche zu schlafen. Am Morgen rufe ich beim Zahnarzt an, um abzuklären, ob das so normal sei. Ich hatte ja eigentlich prophylaktisch ein Antibiotikum bekommen und es auch brav eingenommen. Mein Zahnarzt hat seinen freien Tag und man würde versuchen, ihn zu erreichen. Gegen Nachmittag meldet er sich zurück. Er kenne das so nicht und das würde auf gar keinen Fall durch seine OP kommen. Ich merke ihm seine Angst förmlich an. Ärzte sind unangenehme Patienten. Er will nicht schuld sein. Mir ist egal, wer schuld ist, ich will nur Hilfe bekommen. Er erzählt mir, ich solle bis morgen abwarten und wenn es nicht besser wird zur Kontrolle kommen. Also quäle ich mich durch einen weiteren Tag. Mein Fieber bekomme ich kaum noch gesenkt. Trotz Paracetamol und Ibuprofen liegt die Temperatur immer über 37,9°C. Ich möchte gar nicht wissen, wie hoch sie wäre, wenn ich nichts einnehmen würde.

Ich versuche mir Essen reinzuzwängen. Chris kocht extra Buchstabennudeln, die man unzerkaut schlucken kann. Ich sitze doch wieder mit zwei Decken und fühle mich einfach nur krank. Mein ganzer Mundraum fängt an zu pochen. Meine Wange wird heiß und meines Erachtens auch etwas rot. Viel mehr anschwellen kann sie nicht, ich kann meine Lippen eh kaum schließen, weil alles so derartig geschwollen ist trotz dauerhafter Kühlung. Ich wage einen Blick in den Spiegel und schaue mir die Wunden an. Es ist rot, Fibrinbeläge und das Zahnfleisch steht weiß-schwarz vom Zahn davor ab. Um 20 Uhr falle ich apathisch ins Bett. Zwei Mal muss das Kühlpack gewechselt werden. Mein Fieber klettert trotz Paracetamol auf fast 39°C hoch.

Am nächsten Morgen liege ich vollkommen ko im Bett. Chris zwingt mich um 9 Uhr zum Arzt. Er guckt kurz in den Mund. Es riecht entzündet und sieht leicht entzündet aus, aber die Entzündung und mein Fieber kämen ja auf gar keinen Fall von seiner OP. Ich bin verzweifelt und fühle mich nicht ernst genommen. Ich solle zum Hausarzt für ein Blutbild, weil man dort erkenne, woher die Entzündung kommt. Äh nein. Das unterscheidet den Zahnarzt vom Humanmediziner. Wenn etwas mehr als die Zähne betrifft, dann wird es wohl eher schwammiges Halbwissen. Mit einem Chlorhexidin-Gel im Mund werde ich heimgeschickt. Nächster Termin Dienstag.

Zuhause angekommen verbringe ich weitere 6 Stunden mit Fieber und starken Schmerzen im Halbschlaf im Bett. Chris macht sich Sorgen. Ich kontaktiere einen befreundeten Zahnarzt, was ich machen soll. Gegen Nachmittag zwingt Chris mich dazu, nochmal zum Zahnarzt zu fahren, weil irgendwas nicht stimmt.
Der ist schon dezent genervt, weil ich schon wieder da bin. Er bequemt sich doch dazu, nochmal in den Mund zu schauen. Plötzlich ist alles sehr sehr stark entzündet. Er meint immer noch, dass seine OP nicht der Grund für meinen Infekt ist. Nach minutenlanger Diskussion entscheiden wir uns dafür, dass ich ein neues Antibiotikum bekomme. Zu hause angekommen esse ich endlich mal was und schlucke mein Antibiotikum. Nach nur zwei Stunden merke ich endlich die Wirkung. Kein Fieber mehr, meine Wangen schwellen ab. Die Entzündung geht zurück.

Aber nur um das nochmal klar zu stellen: Die Entzündung kommt auf GAR KEINEN Fall von der Zahn-OP!

Nach einer ersten erholsameren Nacht sitze ich nun gestärkt vor meinem PC und schreibe mal wieder Blogs. Ich hab wieder die Kraft, um euch von schöneren Dingen zu berichten und das werde ich ab morgen wieder tun. Ich berichte euch von unserer Bootssuche und lasse euch mit uns zusammen unsere „The Blue Diamond“ finden.

Lieber die Yacht im Original erleben? Dann hier den nächsten Törn finden! Bis dahin immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!

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