Summer of Sail

Vom Winde verweht II

Ich bin mir ehrlich gesagt nicht sicher, ob ich diesen Filmtitel bereits bemüht habe? Scarlett O’Hara theatralisch inszeniert sorgt für reichlich Dramatik. Wir hatten zwar schon recht imposante Windtage auf unserer bisherigen Reise durch Griechenland, aber nach diesem Tag muss man schon ehrlich zugeben, dass der Titel „Vom Winde verweht“ nur diesem heutigen (zumindest bisher) gerecht werden kann.

Wir planen, ein neues Segelrevier zu erobern: die Kykladen! Im vergangenen Jahr war ich ja 5 Wochen mit Christian im Urlaub unterwegs und wir haben den Großteil der Zeit mit unseren Freunden in den Kykladen verbracht. Damals war das alles wind- und wettertechnisch harmlos, aber wohl auch ungewöhnlich. Im Juli und August herrscht in den Kykladen der Meltemi: ein von Norden kräftig pustender Wind. 20 Knoten sind da Standard. Letztes Jahr wurden wir weitestgehend und leider dann doch zu sehr verschont. Wer im Juli und August in die Kykladen fährt, der weiß, dass es schauklig wird. Diejenigen sind auf der Suche nach Wind zum Segeln. Motor benutzen sollte die Ausnahme sein. Letztes Jahr war wie gesagt verrückt. In 3 Wochen hatten wir genau zwei Segeltage.

Dieses Jahr dagegen soll es anders werden! Und das wird uns heute eben auch mal gleich bewusst gemacht. Wir wollen nach Lavrio. Von der Alimos Marina sind es ca. 5 Stunden hinaus in Richtung Lavrio per Boot. Von dort kann man schneller in die Kykladen starten. Hier würden wir auch unsere neuen Gäste einsammeln, die als Gesamtcharter das ganze Boot gemietet haben.

Wir hatten extra die Nachtfahrt vorgezogen, um genug Zeit für Reparaturen und Reinigung zu haben, um nun pünktlich los zu kommen. Wir machen uns also auf den Weg und der Wind pustete uns kräftig von hinten an. Nur mit dem Vorsegel surfen wir auf den Wellen und kommen teilweise auf 11 Knoten Geschwindigkeit. Dafür ist es aber auch bitterkalt und nass, denn wir hüpfen über die Wellen und das Wasser spritzt als Dusche nach oben. Am Ende werden wir Salzkristalle im Haar haben. Ich mümmele mich in meine Regenjacke, um es etwas wärmer zu haben.

Und dann ändern wir den Kurs. Wir müssen etwas Richtung Norden, um ans Ziel zu gelangen. Chris bemerkt gar nicht, wie langsam wir jetzt so gegen den Wind vorankommen. Plötzlich machen wir nämlich nur noch 2 Knoten voran. Der Wind erreicht in den Spitzen bei Böen 39,1 Knoten. Chris spricht ab 40 Knoten vom nackten Überleben. Irgendwann ist eben auch mal zu viel Wind fürs Segeln…

Als wir endlich im Hafen sind, sind wir eigentlich froh, aber dann erleben wir leider die Abgründe des menschlichen Seins. Es sind ungefähr 20 freie Plätze verfügbar, aber Dream Yacht Charters verbietet ein Anlegen. Dream steht wohl hier für Albtraum. Sie würden andere Yachten erwarten und wollen ihre Plätze freihalten wollen. Sie hätten die Macht über die Anlegeplätze. Eigentlich ist das Aufgabe der Hafenpolizei, aber die antwortet weder auf Telefon noch auf Funken. Man verhindert ein Anlegen, indem man die Mooring-Leinen, die den Anker ersetzen, hochbindet. Jegliche Diskussion, wie gefährlich es draußen sei, dass wir in 3 Stunden wieder weg sind und sofort fahren, wenn ein Boot kommt, wird missachtet. Ich bin ehrlich gesagt erschüttert von so viel Unmenschlichkeit. Wenn man seine eigene Macht über Hilfsbereitschaft setzt, hat man in meinen Augen jegliche Menschlichkeit verloren. Ich persönlich bin in solchen Situationen immer Verfechter der Einstellung „Karma“. Irgendwann verfolgen einen auch die schlechten Taten… Natürlich ist hoffentlich an dieser Stelle jedem klar, dass nicht ein Boot an diesem Tag einen der 20 Plätze eingenommen hat. Dream Yacht Charter hätte nicht einen der Anlegeplätze gebraucht, sie wollten einfach nur ihre Macht ausspielen…

Wir schipperten also 4 Stunden im Hafenbecken bis eine andere Yacht auslief und wir erneut versuchen konnten, anzulegen. Eine andere Yacht wurde hier eigentlich davon gescheucht von Yannis. Man würde noch einen Katamaran erwarten. Wir versuchen es dennoch und erst lehnt er ab. Als wir ihm sagen, dass wir hier schon 4 Stunden rumschippern und im Zweifel nur unsere Kunden an Bord nehmen, die bereits seit 3 Stunden dort an Land warten, wird er weich. Er mag Deutsche. Wir dürfen anlegen. ENDLICH! Yannis ist der Engel des Tages, denn wir dürfen sogar über Nacht bleiben, kriegen Wasser und Strom für die Nacht. Es gibt also noch Hoffnung für den griechischen Tourismus!

Übrigens ist im Juni und ab September der Meltemi dann auch weg. Dann kann man sogar ganz gemütlich in den Kykladen schippern und beim Inselhopping Mykonos, Santorini und Milos erkunden.

Klingt gut? Dann schaut doch hier schon nach eurem nächsten Törn!

Bis dahin Mast- und Schotbruch!

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