Summer of Sail

Geburtsbericht III

Da war er nun: der große Tag, an dem sich unser Leben auf den Kopf stellen sollte. Es ist schon merkwürdig zu wissen, wann es passieren würde. Irgendwie sind einschneidende Erlebnisse bei mir immer mit Operationen verbunden. Ich weiß noch wie ich damals vor der Darmkrebs OP abends eingeschlafen bin, woran ich dachte. Damals war ungewiss, wie es ausgehen würde. Das war eine ganz andere Situation. Aber auch jetzt würde sich durch eine OP alles verändern. Klar, ich wusste, dass da dann ein Baby sein würde – mein Baby, aber wie sich das Leben dadurch dann verändert, wusste ich trotzdem nicht.

Die Nacht war ein Vorgeschmack auf das, was folgen würde: wenig Schlaf. Von links nach rechts gewälzt und um 5 Uhr aufgestanden, denn um 6:30 sollten wir in der Klinik sein. Ein letztes Mal fuhren wir zu zweit mit unserem Auto. Wir gehen ins Foyer und die Dame am Empfang ist überfordert. Sie weiß nicht, ob sie Chris mit rein lassen soll oder darf. Ich bestätige ihr voller Selbstbewusstsein, dass mir gesagt wurde, dass er mit darf. Er darf mich also begleiten. Wir gehen in Richtung Kreißsaal und werden in den Bereich für die OP Vorbereitung gebracht. Auch hier weiß man gar nicht, ob die Väter nun mit müssen. Wieder sage ich ganz schnell und mit allem Selbstbewusstsein: doch, doch. Das wurde mir so versichert. Sie fragt also nicht weiter. Der Rest geht alles ganz schnell. Die Dame wundert sich noch, dass ich die Thrombosestrümpfe ohne Hilfe anziehen kann. Noch einmal warten wir zu zweit 20 Minuten bis ich Richtung OP gebracht werde.

In der Schleuse kommt der Anästhesist. Ich muss noch schnell einen Vertretervertrag unterschreiben, damit sie privat abrechnen dürfen. Ich werde reingeschoben und es wimmelt nur so vor Leuten. 10 Menschen in diesem Raum. Wieder fühle ich mich etwas unwohl auf dieser Seite des OP Tischs. Die Aufgabe als Chirurgin ist deutlich angenehmer. Dann geht es los.
Der Anästhesist muss 5x stechen bis die Spinalanästhesie endlich sitzt und alles betäubt ist. Auch hier fragt man wieder, ob man nun den Vater dazuholen muss. Ich sage, dass er doch schon in der Schleuse sei und in OP Kleidung warte. Da fängt direkt schon alles am Körper an zu kribbeln, die Frauenärztin kommt bereits mit sterilen Händen rein und stellt sich noch kurz vor. Schon habe ich das OP Tuch vor der Nase und fange an zu zittern. Eine Hebammenstudentin und die Anästhesiepflegerin reden mit mir, um mich zu beruhigen und halten Händchen.

Endlich wird Chris geholt, in letzter Minute. Er denkt ich hab einen epileptischen Anfall und traut sich gar nicht mich anzufassen. Ich starre ihn nur an und zittere weiter. Dann merke ich nur ein Drücken am Bauch. Erst einmal dann ein zweites Mal. Die Pflegerin guckt über das Tuch und sagt, dass das Köpfchen schon da sei. Ich frage nur panisch, warum er nicht schreit. Und ganz plötzlich hört man das süßeste Schreien, das man sich vorstellen kann. Und genauso plötzlich zittere ich nicht mehr. Die Tränen kullern und kurz drauf kommt die Hebamme mit unserem kleinen Mann um die Kurve. Ich darf ihn kurz streicheln bevor er einmal zum Check raus gebracht wird. Für uns sieht er winzig aus, für alle anderen ist er ganz schön groß. Dann kommt er wieder und darf noch im OP auf meiner Brust mit mir kuscheln. Er ist sofort ruhig und guckt sich um. Die Zeit steht still in diesem Moment, wir gucken uns einfach nur an und genießen.

Nach 10 Minuten geht ihr schon mal vorweg und dürft euch beschnuppern. Ich werde noch zugenäht und nach 30 Minuten endlich zu meinen Jungs gebracht. Lius hat schon an Christians Brust wie wild rumgesaugt und ihm einige Haare seines Pelzes rausgerissen auf der Suche nach Futter. Es dauert auch nicht lang bis der kleine Mann das erste Mal gestillt werden will als Mama endlich da ist. Erst danach erfahren wir deine Kennzahlen:

08:20Uhr 54cm 3915g und 38cm Kopfumfang

Ganz schön riesig, kleiner Mann, aber genau perfekt so wie du bist!

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