Summer of Sail

Geburtsbericht II

Chris holte mich also wieder ab. Daheim angekommen brauchte ich 20 Minuten Kuschelzeit zur Beruhigung. Die Tränen kullerten vor Angst, dass es keinen Plan B geben würde. Dann fing Chris an zu telefonieren. Wir suchten alle Kliniken im Umkreis von unserem Wohnort raus, die als Perinatalzentrum Level I einen Kinderarzt vor Ort haben, falls Lius direkt nach der Geburt ein Problem haben würde. Das grenzte unsere Suche dramatisch ein, aber ich wollte nicht, dass unser Baby ein höheres Risiko hat, weil ich zu schwach bin, um alleine zu entbinden.

Schwabing – Fehlanzeige. Ingolstadt – Fehlanzeige. Deggendorf – Fehlanzeige. NIRGENDWO dürfen werdende Väter mit zur Geburt. Nur auf der Internetseite von der Kinderklinik in Regensburg steht noch nichts vom Kreißsaalverbot. Ich rief meinen Frauenarzt an und fragte ihn nach seiner Meinung. Ich dürfe maximal bis Montag warten, er gibt mir eine weitere Einweisung für die Klinik. Ich rief an und wurde für den nächsten Tag einbestellt. Anscheinend hat man Kapazitäten, denn nur wenige Tage vorher wurde eine Hebamme positiv auf Corona getestet. Für andere ist das vielleicht abschreckend. Wir sehen es eher positiv, denn das gesamte Personal wurde durchgetestet. Wer jetzt noch dort arbeitet, hat definitiv kein Corona.

Gegen 12 Uhr sollten wir kommen und wir waren pünktlich. Gut gelaunt liefen wir zu zweit ins Gebäude, nur damit Chris 5 Minuten später wieder vor die Tür verfrachtet wird. Nur zur Geburt darf er mit, nicht zu Untersuchungen. Der arme Kerl saß also 5 Stunden im Auto auf dem Parkplatz. Keine Toilette, keine Heizung, kein Essen. Nagut, etwas Essen schon. Er plünderte seine Kliniktasche mit Mars Riegeln als Nervennahrung. Es saßen übrigens noch andere Männer in ihren Autos. Die übrigen saßen in der Empfangshalle der Klinik dicht an dicht. Abstand Fehlanzeige. Wieso das die Ausbreitung von Corona eindämmen soll, verstehen wir nicht ganz.

Ich saß die ganze Zeit mit Maske in einem Untersuchungszimmer und wartete. Auf dem CTG wieder keinerlei Anzeichen, dass jemand die Welt kennenlernen wollte. Irgendwann fragte ich mal nach, ob denn noch jemand kommen würde. Und alles ging von vorne los. Baby wird gemessen auf einem Mittelwert zwischen Ergebnis vom Frauenarzt und von der Klinik. Man fängt an zu bereden. Lange und viel. Schließlich sitzt die Fachärztin vor mir. Mit meiner Vorgeschichte wäre es zu riskant normal zu entbinden. Sie hätte den Kaiserschnitt von Anfang an geplant. Mein Darmkrebs wurde genau dort operiert, wo nun der größte Druck von Wehen und Köpfchen des Babys entstehen wird. Die Gefahr sei groß, dass dabei mein Darm reißt. Not OP, Intensivstation, Baby ohne Mama – alles möglich. Oha, noch bessere Aussichten?! Ich soll es mir bis Montag überlegen. Entweder ich komme zur Einleitung oder zur Planung der OP.

Ich stiefel also raus zu Chris und wir beratschlagen. Lange und intensiv und wählen in Zeiten von Corona die Option sicher. Die Vorstellung ein Intensivbett zu brauchen ist irgendwie nicht so dolle. Montag bin ich also zur Vorbereitung der OP da mit Anästhesiegespräch, Blutentnahme usw. Aktueller Status: Väter dürfen mit zum Kaiserschnitt. Chris sitzt übrigens wieder draußen und wartet 4h, aber dieses Mal mit leckeren Broten und nem Pullover 😉

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