Summer of Sail
Bild von Karo auf der Intensivstation

Darmkrebs: tell me more, tell me more

Wenn ich an die häufigsten Fragen zurückdenke, die mir nach meiner Erkrankung so gestellt wurden, dann gehören wohl zu den Klassikern: Wie geht’s dir jetzt?, Ist eine Chemo wirklich so schlimm?, Hat dich das irgendwie verändert? Und Wie hast du das eigentlich bemerkt?

  1. Wie geht’s dir jetzt?

Sehr gut. Ich lebe. Alles andere ist egal. Klar, ich habe meine Auswirkungen von der Therapie, aber die fallen im Angesicht der Alternative nicht ins Gewicht. Mir geht es gut.

  1. Ist eine Chemo wirklich so schlimm?

Ein Spaziergang ist es nicht, aber es ist machbar. Man muss sich durchkämpfen, immer wieder motivieren und dann kann man das auch ertragen.

  1. Hat dich das irgendwie verändert?

JA! Von Grund auf! Ich bin ein neuer Mensch. Ich bin offener, freundlicher, dankbarer, emotionaler, einfühlsamer und bodenständiger. Ich krempel mein Leben um und baue es neu auf. Genau deswegen gibt es nun auch summer-of-sail, damit ich wieder auf mich selbst Acht gebe und mich gesund und glüchlich fühlen kann. Es hat mich in meiner Lebenseinstellung verändert. Es zählen nun andere Werte.

  1. Wie hast du das eigentlich bemerkt?

Man muss dazu sagen, dass ich es sehr spät gemerkt habe. Es war allerhöchste Eisenbahn. Die Symptome kommen spät und werden oft gar nicht so recht bemerkt oder eben wegignoriert. Ich hatte Bauchweh, krampfartige Schmerzen beim Stuhlgang und schließlich auch Blut im Stuhl. Rückblickend gab es viel frühere Anzeichen: Müdigkeit, Blässe und immer mal wieder abwechselnd Verstopfung und Durchfall.

 

Insgesamt habe ich aber das Gefühl, dass die Allgemeinheit über das Krankheitsbild „Darmkrebs“ gar nicht recht Bescheid wissen. Und das ist schade, denn er gehört zu den am besten heilbaren Krebsarten überhaupt. Deswegen folgen in diesem Blog Basisinformationen zum Darmkrebs.

  1. Definition

Darmkrebs (=kolorektales Karzinom) ist ein bösartiger Tumor im Dick- oder Mastdarm. Meist gehen ihm gutartige Wucherungen voraus (=Polypen), in denen dann eine Zelle mutiert und dann den Darmkrebs begründet.

  1. Häufigkeit

In Deutschland ist Darmkrebs bei Frauen die zweithäufigste und bei Männern die dritthäufigste Krebsart. Jeährlich erkranken etwa 29.500 Frauen und 33.500 Männer neu an Darmkrebs. Im Schnitt sind die Menschen ca. 74 Jahre alt, aber 0,5% der Bevölkerung unter 30 erkranken an Darmkrebs. Dann oft in fortgeschrittenen Stadien, da die Diagnose so unwahrscheinlich ist.

  1. Symptome

Der Krebs ist still und heimtückisch und wird oft erst ab einer gewissen Größe bemerkbar, nämlich dann, wenn er tatsächlich den Weg für Nahrung blockiert. Dann beklagen die Patienten Verstopfungen, weil eben nichts mehr voran kommt. Der Körper reguliert dagegen mit Wasser und Bakterien zersetzen die Speisereste, es entsteht übel riechender Durchfall. Die Schleimhaut in dem Krebsbereich ist verletzlich, sodass sich Schleim und Blut über den Stuhl absetzen – man findet Blut im Stuhl. Das Blut ist hellrot. Schmerzen entstehen, wenn der Darm durch Verkrampfungen der Muskulatur versucht, den Speiserest durch die Engstelle zu drücken (=Tenesmen). Unter „falscher Freund“ versteht man den Umstand, das bei Blähungen Stuhl mit abgesetzt wird. Dann sitzt der Krebs sehr tief und beeinträchtigt den Schließmuskel.

Natürlich gibt es auch die allgemeineren klassischen Anzeichen: Leistungsschwäche, Gewichtsverlust und vielleicht sogar leichtes Fieber. Blässe entsteht durch den konsequenten Mangel an roten Blutzellen durch den Blutverlust im Darm.

Wenn Tochtergeschwülste vorhanden sind, können auch hierdurch Anzeichen entstehen: Schmerzen im rechten Oberbauch, Gelbsucht, Atemnot, Husten.

  1. Diagnostik

Am Anfang steht immer ein ausführliches Gespräch mit dem Arzt, der bezüglich Symptomen, Krankheiten in der Familie und Auffälligkeiten in der eigenen Krankengeschichte befragt. Bei der körperlichen Untersuchung wird der Arzt sie einmal auf den Kopf stellen, auf den Bauch hören, den Bauch abtasten und auch den After bei einer digital rektalen Untersuchung abtasten. Manchmal sitzt der Krebs nämlich so tief, das er getastet werden kann.

Der Arzt kann Blut abnehmen, um die Leberwerte, Entzündungszeichen (CRP ist manchmal leicht erhöht) und auch das Hämoglobin (Kennzeichen für eine Blutarmut) zu bestimmen. Es gibt auch so genannte Tumormarker im Blut (CEA), der zur Verlaufskontrolle gut geeignet ist. Leider ist er nicht immer positiv, wenn ein Krebs vorliegt! Der Stuhl kann auf Blut im Hämoccult-Test getestet werden. Dieser kann jedoch zum Beispiel bei Fleischgenuss oder roter Beete falsch positiv ausfallen. Falsche Entwarnung vermittelt er bei Vitamin C Konsum.

Prinzipiell folgt bei Bauchschmerzen eigentlich erstmal eine Untersuchung auf normale Erreger einer Magen-Darm-Erkrankung. Zudem kann das Calprotectin in einer Stuhlprobe bestimmt werden, was insbesondere bei jungen Patienten wertvoll ist, um eine chronisch entzündliche Darmerkrankung zu diagnostizieren.

Erst wenn diese Tests keine Ergebnisse brachten und die Beschwerden weiterhin bestehen wird eine Darmspiegelung angesetzt. Dabei wird der Darm mit einer Kamera von innen betrachtet. Man erkennt hier auch die gutartigen Vorstufen von Darmkrebs (Poylpen) und kann diese frühzeitig entfernen, damit eben gar nicht erst ein Krebs entsteht. Darum ist die Vorsorge mittels Darmspiegelung heute Standard.

Sollte tatsächlich ein bösartiger Befund gefunden werden, wird man suchen, ob der Tumor bereits Tochtergeschwülste gebildet hat. Dazu veranlasst der Arzt ein CT vom Bauch- und Brustraum. Außerdem kann ein PET CT durchgeführt werden, bei nach Spritzen von einem radioaktiven Zucker solch veränderte Zellen markiert sind.

  1. Stadien

Alle Krebsarten erhalten eine Stadieneinteilung. Die sogenannte TNM Klassifikation beschreibt, wie weit sich der Tumor bereits ausgebreitet hat.

  • T für Tumor: Dieser sagt aus, wie weit der Tumor sich im Gewebe ausgebreitet hat.
  • N für Nodes: Das bedeutet, wieviele Lymphknoten befallen sind.
  • M für Metastasen: Hier wird verschlüsselt, ob Tochtergeschwülste bestehen.

Je höher die Ziffer, desto weiter fortgeschritten ist der Krebs. Mein Befund lautete: T3, N2c, M0.

Tis Carcinoma in situ –          Frühform

–          noch in der obersten Gewebeschicht (Epithel)

T1 Befall der Submukosa –          bis in die dünne Bindegewebsschicht (Submukosa) unterhalb der Darmschleimhaut
T2 Befall der Muscularis propria –          bis in die Muskelschicht
T3 Befall der Subserosa und des perikolischen bzw. perirektalen Fettgewebes –          alle Wandschichten des Darms befallen
T4 Infiltration des Peritoneums (T4a) oder anderer Organe/Strukturen (T4b) –          Bauchfell oder andere Organe betroffen
N0 Kein Lymphknotenbefall
N1 1-3 regionäre Lymphknoten Regionär heißt in der Nähe des Tumors
N2a 4-6 regionäre Lymphknoten
N2b ≥7 regionäre Lymphknoten
M0 Keine Fernmetastasen
M1a Fernmetastasen: Nur ein Organ betroffen
M1b Fernmetastasen: Mehr als ein Organ betroffen oder Bauchfell flächig betroffen

 

Bei der UICC Klassifikation hat man diese Beschreibung der Ausbreitung in der TNM-Klassifikation zusammengefasst, um auch die Prognose besser angeben zu können. Ich hatte UICC Stadium III.

UICC-Stadium: TNM-Klassifikation
0 Tis
I bis T2, wenn N0 und M0
II T3 bis T4, wenn N0 und M0
III jedes T bei N1 oder N2 und M0
IV jedes T und jedes N, wenn M1

 

  1. Therapie

Prinzipiell gilt, sofern noch keine Metastasen vorhanden sind, ist auch eine Heilung noch möglich. Eine Behandlung ist immer nur operativ möglich! Der Krebs muss vollständig entfernt werden. Der Chirurg entfernt den betroffenen Darmabschnitt und näht die Darmenden wieder zusammen oder legt einen künstlichen Darmausgang an. Ebenfalls entfernt werden die Lymphknoten im Gebiet des Tumor. In frühen Stadien ist eine Operation sogar ausreichend, auch Tochtergeschwülste in der Leber oder Lunge können unter Umständen entfernt werden.

Erst in späteren Stadien wird eine Chemotherapie ergänzt. Dabei werden dem Patienten Zytostatika gegeben, die Krebzsellen schädigen oder das Wachstum hemmen. Das ganze funktioneirt als Infusion über die Vene oder einen Gefäßzugang oder als Tablette. Es gibt verschiedene Schemata. In der Regel zieht sich die Chemotherapie über 6 Monate.

Insbesondere wenn der Tumor im Enddarm sitzt, kann auch eine Strahlentherapie erfolgen, die dafür sorgt, dass der Tumor kleiner wird. Auch Tochtergeschwülste im Knochen oder Gehirn können ganz gezielt bestrahlt und bekämpft werden.

Da ich bereits in einem fortgeschritteneren Stadium war, wurde eine Chemotherapie notwendig. Ich habe ein FOLFOX Schema mit den Medikation 5 FU und Oxaliplatin bekommen. Alle 2 Wochen habe ich eine Chemo bekommen und insgesamt 12 Mal.

  1. Prognose

Die 5- Jahres-Überlebensrate gibt an, wie viele Patienten 5 Jahre nach der Diagnose noch am Leben sind, sofern eine Behandlung stattgefunden hat. Die Prognose wird anhand des UICC Stadiums statistisch gemittelt aufgeführt (siehe Tabelle). Meine Überlebensrate wurde auf etwa 70% geschätzt, da ich so jung bin.

UICC-Stadium Dickdarmkrebs Mastdarmkrebs
UICC-Stadium I 95 Prozent 95 Prozent
UICC-Stadium II 90 Prozent 85 Prozent
UICC-Stadium III 65 Prozent 55 Prozent
UICC-Stadium IV 5 Prozent 5 Prozent

Wenn man diese zahlen ansieht, dann ist es ersichtlich, wie wertvoll eine frühe Diagnose ist! Deshalb ist Vorsorge so wichtig! Geht zum Arzt bei Beschwerden. Ab dem 50. Lebensjahr hat man zudem Anspruch auf Vorsorgeuntersuchungen: Hämoccult-Test sowie Darmspiegelung!

Ich kann nur dazu motivieren, dieses Angebot zu nutzen. Eine Darmspiegelung ist nämlich im Endeffekt sehr viel weniger belastend als eine Chemotherapie und die Todesangst, die einen dauerhaft begleitet!

Also liebe Leute, geht zur Vorsorge, damit auch Ihr Eure Träume noch verwirklichen könnt. So wie ich meinen Traum von Summer-of-Sail realisieren kann!

    1 Kommentar

  1. 12. Februar 2020
    Antworten

    Gut zu wissen, dass der Darmkrebs so häufig vorkommt. Mein Vater hat auch öfters eine Darmspiegelung zur Vorbeugung gemacht. Dank Ihrer Aufklärung werde ich nun aber auch bessere Vorsorge betreiben.

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