Summer of Sail

Heimweh? Nein, Danke

Man würde irgendwie meinen, dass man nach 10 Wochen so richtig fieses schmerzliches Heimweh hat, oder? Klar, ich habe unsere Familie vermisst. Ich würde sie liebend gerne öfter sehen und sprechen, was mit ihnen unternehmen, quality time verbringen, aber Deutschland? Das habe ich irgendwie nicht so ganz vermisst.

Ich habe in den letzten 10 Wochen keinen einzigen Tag gehabt, an dem ich dachte, dass ich jetzt lieber in der Praxis sitzen würde und meine Patienten behandle. Ich habe dieses alte Leben so gar nicht vermisst. Ich brauche es nicht mehr und ich möchte es nicht mehr. Wenn ich zurückdenke, wie kaputt ich mich selbst gemacht habe, schäme ich mich fast, dass ich nicht besser Acht gegeben hatte auf mich selbst. Aber wenigstens haben Chris und ich den Mut, um Dinge zu ändern statt sie zu ertragen.

Es fällt nun trotzdem schwer, das gecharterte Boot zu verlassen. Man kann sich in 10 Wochen sehr gut häuslich einrichten. Gefühlt haben wir in jeder Ritze Zeug verstaut. Da eine Box mit Medikamenten, dort eine Tüte mit Utensilien fürs Aqua Fitness und hier ein Add On für die dürftig eingerichtete Küche. Wir packen gute 4 Stunden bis wir alles in Reisetaschen und Lidl-Tüten verstaut haben. Wir türmen alles am Steg auf. Und es sieht schrecklich aus. Tütenella würde meine Mama nun sagen.

Chris fährt daher direkt mal zum IKEA und holt 3 große 130 Liter Aufbewahrungsboxen. Er braucht über eine Stunde. In der Zwischenzeit quatsche ich mit George, dem Eigner der Siora Maria, mit der wir in den letzten Wochen durch die Gegend gesegelt sind. Er wird den Großteil unserer Sachen bei sich lagern bis wir Anfang Oktober zurückkehren. Er will keine Boxen. Sie passen nicht in sein Auto. Er nimmt lieber die LIDL-Tüten. Na prima. Chris fährt also umsonst einmal durch Athen und zurück.

Gegen 11 Uhr halten wir dann endlich den Kaufvertrag in den Händen. Wir nehmen ihn mit, damit ihn dann unser Anwalt am nächsten Werktag prüfen kann und dann geht es los. Erster Stopp: IKEA. Wir bringen die Aufbewahrungsboxen zurück… Gut, dass die so ein lockeres Rückgaberecht haben.

Und dann gehen wir auf unsere große Tour zurück in Richtung Heimat. Es ist natürlich anstrengend. Die ersten paar Stunden erträgt man ganz gut, aber die Nacht ist immer Horror. Wir wollen in der Nacht über die Grenzen mit Passkontrollen, in der Hoffnung, dass es dann nicht ganz so lange dauern wird. Um 1 Uhr nachts werden wir dann eines Besseren belehrt. Christian ist bereits genervt. Die Ausreise aus Serbien dauert ganze 30 Minuten, aber was dann folgt ist der „Knüller“. Es sind hier 7 parallele hupende Spuren von Autos. Chris läuft mal nach vorne und stellt fest: Einfädeln auf 2 Spuren. Vor mir ist ein deutsches Auto aus CW. Es bewegt sich keinen Zentimeter. Immer wenn es voran geht, dann bleibt das Auto stehen und jemand anderes fährt in die Lücke. Der setzt nur den Blinker. So wird das nicht. Ich übernehme und fahre griechisch. Einfach reindrängeln! Ich mache einen kompletten Kreis um das CW Auto. Am Steuer sitzt eine türkische alte Frau mit Kopftuch. Sie wird da so noch Stunden stehen. Jetzt geht es ratzfatz. Wir drängeln uns durch und lassen an die 500 Autos auf diese Weise hinter uns. Wir orientieren uns nach ganz rechts, denn von hier öffnen sich wieder neue Spuren nach rechts. 4 Kontrollposten sind insgesamt offen. Gegen 2:50Uhr sind es nur noch 3 Autos vor uns. Jetzt sehen wir, dass eine Passkontrolle der Kroaten eben einfach 4 Minuten dauert- egal ob EU oder Nicht-EU- Bürger. 2 Stunden haben wir an einer Grenze verloren, aber immerhin kommen wir nun voran. Die türkische Dame hat hier sicherlich 5 Stunden verbracht…

So fahren wir vor uns hin und wechseln regelmäßig aufgrund von Müdigkeit. Gut so, wie uns ein Italiener in Slowenien beweist. Ich bin am Fahren. Chris schläft seit 20 Minuten. Ich möchte gerade den Italiener überholen. Da fährt er von der rechten Spur rüber auf die linke. Ich denke mir noch, was der Mist denn nun soll. Aber der fährt weiter nach links gefährlich nah an die Leitplanke. Ich hupe noch, aber der Italiener fährt mit 130 km/h in die Leitplanke. Er war eingeschlafen. Die Teilchen fliegen, ich kann nicht ausweichen. Chris ist geschockt und hellwach. Der Italiener fährt in Schlängellinien weiter. Anhalten Fehlanzeige. Wir Nun sind wir beide wach. Wir wechseln nun noch regelmäßiger, um sicher zu sein und kommen heil und gesund an. Aber müüüüüde. Bevor also der Alltag uns überrollt, werden wir ausschlafen. Und dann geht es ans Planen und Organisieren:

  • Unternehmen gründen
  • Yacht kaufen
  • Hochzeit planen

Danach geht es zackig zurück aufs Boot. Ihr auch? Dann findet doch hier euren nächsten Törn!

Bis dahin immer eine Handbreit Wasser unterm Kiel!

 

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